Zigeunerlarp – Der Krish

Der Beschrieb aus dem larpkalender.ch war beinahe schon klassisch: Mittels Spielen sollte der neue “Krish”, der Friedensrichter aller Zigeunerstämme, gewählt werden. Location war, wieder einmal die Bläsimühle des Gloggi im Tösstal. Eigentlich mies gelesen – direkt neben der Strasse mit Blick gegen moderne Häuser – haben die Innenräume und der Nebenschuppen einen ganz eigenen Charme. Dazu tragen die Mahlsteine bei, die in der Scheune nach wie vor herumliegen. Auch das “Kabuff” sehe ich immer wieder als Ort, an dem sich eine Shisha aufbauen lässt. Der beinahe zu enge Essraum hat einen schönen Kachelofen. Zu guter Letzt hat die Küche enorme Kapazität, grosse Herdplatten, Industrieabwaschmaschine und fast auch genug Rüstplatz. Die Schlafräume sind Massenschläge mit gummibezogenen Matrazen, aber im Flur sind Wolldecken vorhanden. Angenehm kühl fand ich es ebenfalls, ich mag schlafen in stark beheizten Räumen nicht, kann mir aber gut vorstellen dass Anderen eine zweite Wolldecke oder Bettsocken nicht ungelegen waren.

Ablauf: Am Freitagabend eine Begrüssung und den Samstag über Konkurrenzspiele um die Wahlstimmen. Mehrere Wettstreite unter den Anwesenden gaben den jeweiligen Gewinnern Stimmkugeln, mithilfe derer man am Samstagabend eine Vorwahl zum neuen “Krish” beeinflussen konnte. Der Krish wiederum ist in der bespielten Zigeunerhierarchie der Friedensrichter, der bei Streitereien unter den Clans richtet, also eigentlich das höchste verfügbare Amt.

Mamma Schascha
Mamma Schascha

Mein Grüppchen hat sich am Stammtisch Zürich gebildet und gerade knapp die von der Orga geforderte Mindestzahl von fünf Leuten erreicht. Unser Konzept war östlich/theaterspielend. Dafür haben wir auch am Samstagnachmittag ein Musik-Theater geschrieben (Naja, einige von uns – ich lag mit Kopfweh flach), welches wir am Abend aufgeführt haben. Die Wettbewerbe haben mich nicht so wirklich gepackt, vor allem als mir klar wurde dass die mir wichtig erscheinenden Zigeunerfertigkeiten unwichtig waren. Dass dann der erste Wettbewerb auch noch mit Plastikbecherchen durchgeführt wurde hat zusätzlich geschmerzt. Da kam es mir durchaus Recht, dass sich mein Zigeunerstamm dafür entschied, den Samstagnachmittag über ein Theater für den Abend zu schreiben. Ich hoffe eigentlich dass die Vorführung am Abend die Mitspieler etwas entschädigt hat, weil wir die Wettbewerbe eher stiefmütterlich behandelt haben. Weitere Wettbewerbe: Capture the flag mit unklaren Regeln, ob die IT oder OT unklar waren, habe ich nicht genau begriffen. Ein Gedichtwettstreit… und… bestimmt weitere. Wie gesagt, ich lag im Bett / Theaterschreibend. Spielerschaft: aus dem Umfeld der Sonnenwende-Orga, die nach einigen Cendaraspielen letzes Jahr geseeräubert hat – und Teile derer auch am “Zigeunerlarp 1” als Orga beteiligt waren. Alles in allem eine Menge neuer Charaktere bei vielen Leuten, ich vermute das viele davon One-Shot-Konzepte waren. Essen: Gefallen! Freitagabend gab es Borschtsch damit macht man mich einfach glücklich. Mittagsbuffet war halt Buffet (Etwas knapp Platz am Grill) Den knappen Grillierplatz habe ich mit dem aufgewärmten Borschtsch überbrückt, und das Buffet am Samstagabend war umfangreich, so dass vermutlich jeder Geschmack irgendwie abgedeckt wurde. Grosses Lob an das Küchenteam. Den Zigeunerbezug dazu… habe ich irgendwie verpasst, den hätte man vielleicht irgendwie haben können. Kommunikation: Ich hatte keine Probleme. Auch fand/finde ich die vorausgestellten Dokumente “How – To” ganz toll, sowas macht das Spiel klarer. Organisation: – kaum Mängel. Dank Bus bis vor das Haus (~15-20Meter laufen) auch nicht viel notwendig. Nur die Wettstreite waren in meinen Augen eher eine Belustigung für die Anwesenden und haben mich leider an einen “Wettbewerbstag” einer dritten Schulklasse errinert. Aber den Reaktionen während dem Spiel entnehmend behaupte ich, dass ich mit der Meinung beinahe alleine dastehe.

Teil der Mezcana
Teil der Mezcana

Fazit & Konstruktives

Pluspunkte
– Spiel dieses Frühjahr. Ich war auf Entzug.
– Meine Gruppe. Es ist Jahre her, dass ich mit den Leuten wirklich “gemeinsam” auf ein Spiel gefahren bin.
– Die Location. Zeitlos gut.

Minuspunkte
– Wieder ein neuer Charakter, den ich herz- und profillos ausgestattet habe. Evt entwickelt er es noch, aber ich spiele ungerne Zigeuner an einem anderen Spiel. Eher wanderner Schauspieler… Aber
– Die Wettstreite
– Die IT-Steuerung der Mezcana. Da hätte ich es bevorzugt, wenn am Freitagabend aus jedem Stamm ein Wahlorganisator genommen worden wäre, so als Jury. Dann hätte vielleicht mehr die “allgemeine Meinung was zigeunern ist” eine Rolle gespielt. Aber das ist ein Detail, finde ich.

Passend zum Spiel – erschien dieses Frühjahr die Larpzeit #43, mit dem Thema “Fahrendes Volk”, die das ganze Spiel hätte unterstützen können.

Fotos von mir sind in meiner Galerie, weitere im larpkalender.ch zu finden.

Die Frage in meinem Hinterkopf bleibt: Wenn sich aus dem Sonnenwende-Umfeld bereits ein Spiel für dieses Jahr gebildet hat – bleibt nur noch die angekündigte Cendara-Taverne aus der Ecke, oder bekommen wir noch ein “richtiges”, komplettes Sonnenwende-Cendara-Spiel?

Lieder, Filk und Folk

Zwischen...
Zwischen…
2005 habe ich mir für ein Spiel einen neuen Charakter erschaffen: Yori Mermel Kupferkraut. Seines Zeichens Tikonier, Musiker, Dieb und Kaffeekocher. Dafür habe ich eine Menge an Liedern gelernt, die ich am Anfang grösstenteils von Aurelies Liederseite hatte. Dazu ein paar Lieder der Streuner, etwas Schandmaul und gut wars. Ich hätte, aus heutiger Sicht, besser die Larpwikiseiten “Bardenproblematik” und “Charaktertipps/Musiker” gelesen und beachtet. Später hat sich mein Interesse an Larpmusik verringert und ich habe erstmal wieder einen Auslöser gebraucht, um mich damit zu beschäftigen. Voilà: Dieses Jahr, 2013, am Drachenfest hat das Drakenhof 3 ein neues Lied gesungen, “Stirland muss hier enden” heisst es. Von kundigen und unkundigen Dichtern wurde da der Dixie-Song The Southern Soldier auf die ehemalige Provinz Sylvania im Imperium Karl Franz’ umgemünzt. Nette Idee, ich finde gerade bei grösseren Kampagnen lohnt es sich, gezielt Lieder für den Hintergrund zu schreiben. Doch bei diesem Lied entstanden vor meinem geistigen Auge ständig Bilder von Stonewall Jackson, Robert E. Lee und Abe Lincoln. Egal wie, wo und was, mein eigenes Interesse und mein Wissen haben es mir versagt, in diesem Lied einen Spielteil zu sehen – es war für mich einfach schon mit einem OT-Thema verknüpft.

Alle Aktionen und Dinge auf einem Liverollenspiel sollten möglichst Niemanden aus seiner Immersion reissen. Das geht bei einigen Dingen ganz gut (Kleidung), bei anderen eher schlecht (Radiatoren in der Pfadihütte). Gleiches gilt auch für Musik, die zudem einer weiteren Prämisse untersteht, denn Musik muss nämlich am Ende auch dem Spieler gefallen, nicht dem Charakter. Und der Spieler ist nun mal ein Mensch des späten 20igsten oder des 21igsten Jahrhunderts und hat total andere Ansprüche an Musik als dass sie “historisch korrekt” ist. Egal was ich ausgegraben habe, egal wie passend es zu meiner Klamotte wäre – ein Lied, welches belegt für eine Zeit ist, macht es nicht zu einem passenden Larplied. Ich persönlich finde durchaus passende und spannende Lieder beispielweise bei Doppelbock, aber sie werden dadurch nicht larptauglicher. Zwischendurch habe ich immer wieder Lieder gehört, die offenbar umgedichtet wurden. Also, mit neuem Text versehen, fast immer mit einer bekannten Melodie. Gewisse Lieder gehören verboten (Wie “Neunundneunzig Orks“, “Fallera“, usw). Weil das Original verdammich einfach zu bekannt sind. Ihre Melodien und ihr Takt, allesamt alles bekannt. Da gibts noch ne Menge mehr, die stimmt jemand an – und schon ists passiert. Die halbe Taverne gröhlt einen kaputten Schlager oder eine Art A-Capella-Variante einer Metalballade. Zum davonlaufen.

Umdichten ist in Ordnung, aber die Hitparade, die Charts und gängige Klassiker sollten reflexierter betrachtet werden. Schliesslich hat die Larpszene bereits eine Pferdebranle und braucht keinen Gangnam-Style. Ich habe selber Lieder umgedichtet – wenn sie in einer völlig fremden Sprache waren, derer mächtig kaum Spieler sind (Also, kein Englisch/Französisch/Deutsch). Optimal? Wenigstens versuche ich zu vermeiden, dass ich jemanden aus seiner Immersion ziehe.

...zwei Extremen.
…zwei Extremen.

Und ehe das so fertig ist, gleich noch eins drauf: Es gibt eine ganze Liste an Larpklassikern. Für mich als Landsknechtlagerspieler sind das z.B. “Stampedemi”, “Unsere liebe Frauen”, “Das Leben ist ein Würfelspiel”, und noch ein paar Weitere. Hört endlich auf, da die entscheidenden Worte (Ortschaften, Personennamen) auszutauschen. Damit personalisiert man ein Lied, welches jeder kennt, ein allgemeines Lied. Und macht es sich kaputt, mit Anderen zusammen zu singen. Und wenn ihr alleine singen wollt, dann tut das unter der Dusche. Tausendmal lieber ist es mir, wenn alle von einem “fremden” Land singen, beispielsweise “Italien”. Es ist auch bescheuert, zugegeben, aber wenigstens bleibt der Chor gewahrt. Und zu guter letzt: “In Flandern reitet der Tod” ist aus dem Ersten Weltkrieg, “Das Leben ist ein Würfelspiel” ist ’35 entstanden, voll im Führerkult. Und trotzdem war es gut genug, dass die Bundeswehr es mehrfach in Liederbüchern hatte. (Und der Peter Maffay es in die Hitparade brachte.) Wenns euch nicht gefällt, dann sagt es, statt euch wie Nazis zu fühlen. [/Schimpf]

So, das wars für heute.