Von guten und schlechten Ceriden.

In einer kurzen Diskussion im Nachbeben des Landsknechtslagers kam der belustigende Spruch auf: “Wie ihr immer zwischen guten und schlechten Ceriden unterscheidet.” Naja, das tun “wir” tatsächlich. Und zwar auf zwei Ebenen, die beide Interessantes beleuchten. Zuerst die IT-Ebene, anschliessend die OT-Ebene.

Erklärung

Im Spiel ist das Ceridentum eine gespielte Religion, “die äußerlich stark an das Christentum erinnert, um ein besonders mittelalterliches Ambiente zu fördern. Trotzdem ist es eine Fantasy-Religion mit eigener Theologie und soll auch als solche verstanden werden.”, direkt aus dem larpwiki.de zitiert. Im Kern handelt es sich um die Lehre des Eynen, der seinen Gläubigen einige Regeln abverlangt. Prominent an dieser Stelle sind die Gesetze, die das Zusammenleben zwischen Herrn und Knecht regeln und jenes, das die Magie ablehnt. Das Bespielen kann, bei einer gesunden Mischung aus moderatem und konsequenten Handlungen, durchaus Spass machen. Ich persönlich mag es, weil es an ein Liverollenspiel angepasst ist und die meisten seiner Kulthandlungen auf Platz (“auf Con”) benutzt werden können. Doch was macht einen guten Ceriden aus?

Im Spiel

Das Ceridentum hat eine oftmals gebrauchte Heiligenkultur, dazu steht im Zentrum die Verehrung des Eynen. Die Heilige decken praktisch jeden Aspekt ab. Doch für die Spieler, beziehungsweise die Charaktere, sind vor allem die Manifeste wichtig:

Augenkreuz
Augenkreuz

Das Erste Manifest über den Eynen:
Gebe Deinem Gott Keinen Namen ,
Denn Er ist der Einzige und Wahre.
Das Zweite Manifest über die Tugend:
Scheide das Gute Wohl vom Bösen,
damit Du sicher wandelst auf dem Pfad der Tugend.
Das dritte Manifest über die Hexerey:
Meide Hexerey und Zauberey ,
denn sie störet die Ordnung der Welten
und ist das Werk des Bozephalus.
Das Vierte Manifest über die Mission:
Helfe Deinem Nächsten,
den wahren Glauben zu erkennen,
damit auch er der Weisheit
des Eynen teilhaftig werde.
Das Fünfte Manifest über den Schutz:
Beschütze Deine Begünstigten,
so wie auch der Eyne Dich beschützet,
denn der Starke hat die Pflicht,
den Schwachen zu schirmen.
Das Sechste Manifest über den Gehorsam:
Gehorche Deinem Oberen,
wie Du dem Einen gehorchen mußt,
denn Er ist der Herr der Herren.
Das Siebte Manifest über den Eynen:
Erstrebe stets die Gunst des Eynen,
denn Er ist der ewige Richter
über Leben und Jenseits.

Damit kann der Charakter gut einteilen, was er tun soll, und was er wirklich meiden sollte. So zum Beispiel das Sechste Manifest: “Gehorche deinem Oberen”. Damit sind auch Taten gemeint, die nicht unbedingt einem modernen, westlichen Sozialverständis entsprechen: Meint der Herr zu seinem Knecht, dass dieser jemanden erschlagen soll, so ist eine Verweigerung der Anweisung nicht einfach eine Ablehnung einer aus seiner Sicht falschen Anweisung, sondern schadet direkt dem Nachleben des Knechtes. Denn hier kommen wir zu einem weiteren Punkt: Die Taten eines Ceriden werden über sein Leben hinweg gesammelt und am Ende, nach seinem Ableben, steht der Ceride vor Cadorus, dem Richter. Dieser hat eine Waage, auf der er die guten gegen die schlechten Taten aufwiegt. “Gut” sei, was den Manifesten entspricht, “schlecht” was ihnen widerspricht. Hebt sich die Schale mit guten Taten, dann wird dem Ceriden ein Blick auf die Himmlischen Auen gewährt, und er kann in einem höheren Stand wiedergeboren werden. Brave Knechte werden zu Rittern. Oder noch spannender: Folgsame Knechte eines ceridisch schlechten Ritters sind gute Ceriden. Überwiegen die schlechten Taten, so wird der Ceride in einem niedereren Stand wiedergeboren. Taten können allesamt nur aufgewogen, aber nicht vergeben werden, der Ceride geht “zur Wägung”, welche ohne ein “Wägegeheimnis” auskommt. Ihm wird nicht vergeben, sondern der Priester hilft ihm, gute Taten zu vollbringen, durch Ratschläge-Anweisungen. Damit gelingt nahtlos die Überleitung….

Ausserhalb des Spieles
Oben zitiere ich “äußerlich stark an das Christentum erinnert”. Da steckt eines der Hauptprobleme des Ceridentums, hinter diesem einen Hinweis. Denn es erinnert wirklich an das Christentum. Und so meinen immer wieder Spieler, sie können mithilfe eines oberflächlichen Ceridenanstrichs ihrer historisch inspirierten Klamotte einen letzten Schliff geben. Leider ist dem nicht so, und man trifft immer wieder auf schlechte Ceriden, die munter christliche Konzepte wie “Beichte”, “Vergebung” oder auch “Taufe” mit vermischen. Dem entgegen stehen meistens bereits Konzepte, die sich in der Spielwelt attraktiver gestalten und die besser genutzt werden können. Lasst also das kreuz und quer vermischen. Die Grundregeln des ceridischen Zusammenlebens werden einem Charakter während seiner, wo auch immer stattfindenden Sozialisation, beigebracht. Ein schlecht informierter Ceride ist einfach unplausibel, denn der Reiz dieser Religion ist das “Spiel mit Anderen”, vor allem auch mit Nicht-Ceriden. Also Vorsicht mit dem unreflektierten Übernehmen von christlichen Ideen und werten.

Zum Schluss
Ich selber spiele gerne Ceride und mag es, die Manifeste zu nutzen um meinen Charakter in ein Dilemma zu bringen. Ich glaube auch, dass das Konzept erst richtig aufblüht, wenn man an seine Ecken und Kanten stösst und wenn Spieler auch im Spiel Nachteile in Kauf nehmen, um ihrer Religion treu zu sein. Ich mag es, mir Outtime Unbekannte zu Grüssen; “Er weilet unter uns”, um mich dann an der Entgegenung “Zu allen Zeiten” zu erfreuen. Es bietet mir eine gemeinsame Grundlage zum Spiel mit Anderen. Denn die Manifeste sind kein Geheimnis, das nur im Unterforum der Larpgruppe auf ihrer Gratishomepage besprochen wird. Die Manifeste sind die sich selber gegebenen Schranken im Sinne des Charakter – Kryptonits.

Nach dem Drachenfest als Ceride gehe ich jetzt ans Epic Empires: Mit meinem Teppich in die Santa-Clara-Vorstadt, um dort nach allen Regeln der Kunst ein guter Ceride zu sein.

Anhang: Kleines Manual des wahren Glaubens Weil die NL-Page und das Ceridenwiki schon lange down sind. Damit lernt man viel, wenn man sich dann auch noch einen ceridischen Priester auf Platz zutut, wirds was werden. Und zwar mit einer nicht ganz üblichen, aber dichten und atmosphärischen Spielreligion.