Breite und Tiefe eines Spiels

Ich schreibe sorgfältig auf, an welchen Spielen ich war, was ich dort gespielt habe, und wann es war – zumindest mache ich das sorgfältig, seit ich bemerkt habe, dass ich bei gewissen Spielen nicht mehr mal sicher bin, in welchem Jahr sie stattgefunden haben. Kanns geben, aber etwas peinlich ist es mir ja schon.

Und jetzt sammeln sich langsam einige Charaktere an, die mehr als nur ein, zwei Spiele gespielt wurden. Und langsam mag ich entsprechende Rollen auch, so dass ich mich dabei erwische, wie ich bei der Ausschreibung im Larpkalender abchecke, ob ich “als Yori” hingehen kann, oder vielleicht mit dem Reisläufer Nathan. Doch nicht immer bin ich mir sicher, ob es passt – die Ausschreibungen im Larpkalender sind meistens etwas mau. Gleichzeitig errinere ich mich gerne an mein intensivsten Spiel, “Swiss Guantanamo”. Und bei ebendiesem hatte ich absolut keinen Einfluss auf auf meinen Charakter, ich bekam ihn vom Organisator zugeteilt.

So stehen sich meiner Meinung nach zwei ganz grosse Brocken gegenüber: Ein intensives Szenario, in dem die Charaktere aufeinander zugeschnitten sind (Szenario hat viel Tiefe), und ein intensives Charakterspiel, in dem das Szenario auf die Charaktere zugeschnitten ist (Charaktere haben (bereits) viel Tiefe). Beides hat Vor- und Nachteile. Während ersteres, ich nenne es jetzt mal “Szenario-Spiel” eine gewisse Spontanität der Spieler erfordert, braucht letzeres, nenn’ ich jetzt mal “Charakter-Spiel”, einen guten Informationsfluss von Spielern zu Organisatoren.

Die Vorteile beider Systeme liegen auf der Hand. Während “Szenario-Spiel” das Ganze für den Organisator leicht lässt – er weiss, was alles an Potential vorhanden ist, ist das “Charakter-Spiel” für die Spieler ansprechender, denn sie können Stammcharaktere mitbringen. Die Nachteile beider Systeme sind schwerer zu erfassen. So war es für mich bisher immer klar, dass ich mir einen zur Spielausschreibung passenden Charakter erstelle/adaptiere, damit ich auf Platz mich möglichst passend ins Spiel einbringen kann. Doch offensichtlich ist das nicht die Regel – zumindest in der Schweiz nicht – und ab und an stand ich völlig falsch da. Oder sah Andere falsch dastehen:

Heldenfest – Alle Anwesenden, die tatsächlich als Helden da waren…
AdAsburdum1 – Alle, die sich tatsächlich auf eine Gräfin und ihre Jagd eingestellt haben…

Beide Beispiele hat die Orga einen Plot geschrieben, der gegenüber der Ausschreibung Vorrang hatte. Beide Male waren Überraschungen eingeplant – und beide Male waren die Spieler, welche ihren Stammcharakter mitgebracht haben begeistert. Oder mindestens eher begeist als jene, die sich auf die Ausschreibung eingelassen haben. Was will ich damit sagen?

Zum einen, dass es auf die Dauer der Spielerschaft selber schadet. Wenn man zu jedem Spiel seinen Stammcharakter mitbringen kann, wird das Charakterspiel einen bedeutend höheren Stellenanteil bekommen als das “Szenarien bespielen”. Es besteht ein Risiko, dass man nicht mehr wegen des Spieles hingeht, sondern um die Charaktere (Oder die Spieler) wiederzutreffen, die man kennt. Zum anderen werden die möglicherweise intensiveren Szenarien nicht mehr angeboten – denn was niemand kennt, spielt auch niemand. In diesem Sinn lobe ich jedes Organisationsteam, welches restriktiv Charaktere ablehnt, und das zugunsten eines tieferen Spiels.

Für: Weniger Waldläufer im Tanzsaal – Weniger Hochadel in Tavernen – Weniger reine Unterhaltungscharaktere an Kriegsspielen.

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