Meister Habakuk

Gestern Nacht habe ich über die Tikon-Mailingliste erfahren, dass Meister Habakuk am 11. März 2020 verstorben ist.

Als ich das Hobby Liverollenspiel für mich entdeckte, schien die Welt einfach. In der Mitte der Schweiz, das Kalifat Tikon und mittendrin, Meister Habakuk. Unter all den alten Spielern um mich herum war er der älteste. Was er sagte, schrieb und tat, war für uns Jungspunde mysteriös und schien altbacken, es schien einen alten, für uns nicht mehr gangbaren Weg zu beschreiben.

Es hat Jahre gebraucht, bis sich mir ein differenzierter Blickwinkel auftat. Was er sagte, schrieb und tat war eben nicht mysteriös und altbacken, sondern durchdacht und bisweilen so viel besser als alles, was wir taten, dass mein Horizont, es zu fassen, damals nicht ausreichte. Als uns das langsam bewusst wurde, waren wir Riedhburger auch ein kleines bisschen stolz, dass wir Habakuk für eines unsere Spiele als Koch gewinnen konnten. Es hat sich damals wie eine Adelung angefühlt.

Nach wie vor haben einige seiner Denkanstösse Einfluss auf die Art und Weise, wie ich spiele und wie ich Spiele organisiere, wie diese Erfahrung zeigt: Eines Tages rief Habakuk mich an, mit der simplen Frage, ob ich Interesse an der neusten Ausgabe einer Zeitung aus Tikon habe – und diese war kurz darauf in meinem Briefkasten. Nicht nur das Format war exotisch, auch die darin geschriebenen Artikel fühlten sich viel weniger nach Zeitung denn nach Hinweisen, Anleitungen und spielphilosophischen Vermerken  an, dazu schimmerte eine gute Portion Ironie durch. Doch am prägendsten: Beim Öffnen des Briefes rieselte SAND heraus. Ein Stück Düne, sozusagen. Meister Habakuk hat sich die Mühe gemacht, Sand in den Umschlag rieseln zu lassen.

Dünen-Pouster

Dass der Dünenpouster anschliessend auch noch ein fremdes Format hatte, war nur noch ein Tüpfelchen auf dem i. Ausklapp- und aufhängbar, voller Details:

Dünen-Pouster offen

Das ist, bis heute, eine der fantasievollsten Zeitungen im Liverollenspiel, die ich je erhalten habe. Und ich würde mich heutzutage, anders als vor fünfzehn Jahren, mehr davon inspirieren lassen als von jedem klassischen Format. Und das ist nur einer der Gründe, wofür ich ihm dankbar sein kann. Heute bin ich stolz darauf, ihn gekannt zu haben.

Ein ausführlicherer Nachruf ist auf der Tikon-Homepage, von dort ist der Hinweis:

Bitte respektiert, dass sein Bruder sehr belastet ist und bombardiert ihn im Moment nicht mit Fragen.

Christian Folini und Arnold Bucher halten den Kontakt zu seinem Bruder. Wir informieren, sobald wir mehr wissen zu Beerdigung etc. Informationen veröffentlichen wir unter tikon.ch, auf Habakuks Facebook-Profil sowie in der Facebook-Gruppe LARP Schweiz.

Ein möglicher Habakuk-Tikon-Gedenkanlass ist auch angedacht. Wir dürfen die derzeitige Corona-Situation jedoch nicht ignorieren, weshalb der Zeitpunkt dafür noch völlig offen ist.

Wer auf dem Laufenden gehalten werden möchte, soll sich bitte auf der Tikonlist eintragen.
(wie? -> Email schicken an Adresse: tikonlist-request@tikon.ch / im Email-Text: subscribe tikonlist)

“intime” – Das Schweizer Larp-Magazin – Projekt gestorben?

Im Herbst 2016 ist das Projekt “intime – Das Schweizer Larp-Magazin” gestartet. Doch nach nur fünf Ausgaben scheint das Projekt am Ende. Vor ein paar Tagen kam eine Email, in der sich die Redaktion an die Abonnenten wendet: “Bis auf Weiteres werde das Projekt eingestellt” und “ob in Zukunft PDF-Download oder als Blog sei dahingestellt” sind die beiden zentralen Aussagen. Als Grund für den Stopp sind “private Gründe” angegeben.

InTimeMagazin - Alle Ausgaben
InTimeMagazin – Alle Ausgaben

Was bleibt?

Die fünf Ausgaben im Print kriegen wohl Sammlerwert. Als PDF sind sie auf jeden Fall auf der Homepage im Archiv noch verfügbar. Ich habe selber vier Mal einen Kolumnenbeitrag beigesteuert:

Kendra kommentiert
Kendra kommentiert

Ein fünfter Text zum Thema “Ungeheuerliches” ist apokryphisch geworden. Oder sowas in der Art.

Schade drum, ich fand es ganz cool, ein eigenes Magazin zu haben. An was es genau scheiterte, ist von aussen schwer zu sagen – aber auch die LarpZeit trägt sich vermutlich nicht selber (Auch das weiss ich nicht). Ob es als online-Magazin überlebt, lässt sich neben dem diskussions-bereichernden larper.ning, Facebook und den Teilzeithelden schwer sagen.

Aber: Danke für das Machen, Herstellen und Drucken: Ein Highlight der Schweizer Larpgeschichte.

Cendara im Recht

Im Kaiserreich Cendara gibt es viele nebeneinander erscheinende Spielweisen und Hintergründe. Doch es gibt auch einige Dinge, die – in-time – reichsweit Gültigkeit haben. Aus meiner Sicht sind sie zum einen der “kleinste gemeinsame Nenner”, aber auch die Grundlage und die Eckdaten des Möglichen. Sie profilieren das Kaiserreich und sie zeigen auf, wie sich die Spieler (oder die Kampagnenorga?) sich das Kaiserreich vorstellt. Ich möchte auf ein paar davon eingehen, in diesem Artikel auf das Rechtssystem: “CONSTITUTIO CRIMINALIS JULIANA”. Ich versuche herauszufinden, was es für mich als Spieler und für mein Spiel bedeuten kann.

Die Einleitung ist bereits deutlich: “Im Namen Pekars, in der Verantwortung gegenüber den Ständen und dem cendarischen Volk, soll das vorliegende juristische Werk die Rechtssprechung zum Wohle des Reiches festigen.” Das kaiserliche Recht spricht im Namen Pekars und erwähnt die Stände noch vor dem Volk. Aus meiner Sicht ist das ein Ausdruck einer feudal/ständebasierten Gesellschaft, der das Wohl des Reiches wichtiger als das Wohl des Einzelnen ist.

Erstes Kapitel: “Verschiedene Rechte“: Hier zeigt sich, dass das kaiserliche Recht über dem der Landesfürsten steht, ebenso dass nur die Kaiserin Sonderrechte vergeben kann. Im Namen der Kaiserin zu handeln steht nicht allen als Option zur Verfügung, sondern nur höherrangigen Adligen. Spannend: Landesfürsten handeln im Namen der Kaiserin, deren Urteil wiederum über dem Gesetz stehen kann.

Zweites Kapitel: “Gerichte, Gerichtsstätten und Verfahren”: Das sind vor allem Leib und Leben, aber auch das Reich bedrohende Handlungen. Für das Spiel ist hier die Rasse wichtig, denn nur Elfen, Zwergen und Menschen sind als Kläger erlaubt, Orks, Drows, Trolle, Werwölfe und Vampire sind ebenso wie Quaroniten davon ausgeschlossen. Weiterhin müssen Kläger von Adel oder mit gutem Leumund versehen sein. Da Liverollenspiel sich im “Miteinander spielen” ausdrückt, ist hier die Revision eines Urteils erwähnt. Besonders spannend hier ist m.E. wirklich der Adelsstand / gute Leumund.

Drittes Kapitel: “Religionsfreiheit (…)”: Chaosanhänger sind aktiv zu bekämpfen. Hier wird eine Straftat erwähnt, die aktives Handeln von Charakteren erfordert: Strafbar macht sich, wer Chaosanhänger nicht bekämpft. Daneben wird die Freiheit der Religion aber auch festgehalten – einzelne cendarische Länder können aber auch verbieten, dass Götter neben Pekar verehrt werden.

Viertes Kapitel: “Beweisfindung und Rechtssprechung”: Das Kapitel beinhaltet den für Fantasy-Larp wichtigen Punkt der Folter: Geständnisse, die unter der nicht verbotenen (!) Folter entstanden sind, sollen vor Gericht abgelehnt oder zumindest bezweifelt werden.

Fünftes Kapitel: “Von der Verhältnismässigkeit”: Hier wird dafür gesorgt, dass sich nichts der Kaiserin entzieht und dass Urteile auch in einem gewissen Verhältnis gesprochen werden. Damit wird das ganze Recht ein Stück weit fair(er) und ermöglicht auch, nachträglich oder rückwirkend das “Spiel mit Gesetzen” anzupassen.

 

Zwei Punkte dazu: Es schränkt ein. Es ist an einigen Stellen einfach, gegen das kaiserliche Gesetz zu verstossen oder es nicht zu beachten. Es mag sein, dass dadurch die persönliche Freiheit innerhalb des Spiels und innerhalb von Charakteren eingeschränkt wird. Aber Cendara muss nicht nur in-time das Kaiserreich voranstellen, es muss auch out-time eine gewisse Schnittmenge haben. Mit einer Gesetz, das Reibung ergibt, entstehen Spielmöglichkeiten. Ich wünsche mir ab und an etwas mehr Beachtung des Ganzen: Sowohl von Orgas, als auch von Spielern. Chaoscharaktere unterjubeln ist nicht spannend, sondern schlechter Geschmack. Zweiter Punkt: Man kann es ja ignorieren. Ja, kann man. Aber Cendara hat kein endgültig ausgearbeitetes Setting, es besteht immer viel Spielraum. Es wird aber “mehr Cendara”, wenn die bestehenden Elemente beachtet werden.

 

Wolkowentasche

Nach langer Zeit wieder einmal ein Bastelbericht. Ich habe im Lauf der Zeit aus altem Bettzeug eine Tasche genäht, die ich am Epic Empires benutzen will. Da ich dort Wolkowe bespiele, nenne ich sie derzeit die “Wolkowentasche”.

Hängende Tasche

 

Weil das einfache Zusammensetzen der Teile zu einfach gewesen wäre, habe ich einige Zusatztäschchen eingefügt, eine im Deckel, zwei “mittlere” auf der Vorderseite und drei “kleine” im Innern:

Wolkowentasche, Klappentasche

 

Wolkowentasche, mittlere Innentasche

 

Wolkowentasche, kleine Innentaschen

Drachenfest ausverkauft – Epic Empires als Anfänger?

Für dieses Jahr ist das Drachenfest ausverkauft (DF-Forum):

Liebe DrachenFestler,

zum ersten Mal in der Geschichte des DrachenFestes auf dem Quastgelände muss ich eine solche Mitteilung machen:

Nach dem letzten Staffelschluss hat sich ergeben, dass die Lagerfläche auf dem DrachenFest voll und damit die Spielerplätze komplett ausgebucht sind. Das bedeutet, eigentlich ist eine Spieleranmeldung für das diesjährige DrachenFest nicht mehr möglich. (…)

Deshalb bietet sich an dieser Stelle Werbung an:

Gleichzeitig bietet das Epic Empires an verschiedenen Orten Möglichkeiten, als Anfänger auch reinzuschnuppern. Entgegen der Annahme und deutlich entgegen der durch Fotos propagierten Sicht ist das Epic keinesfalls eine Elite-Con, auf der kaum jemand ohne Freunde und ohne 500€-Klamotte hingehen kann. Mein eigenes Lager, das Pilgerlager, bietet für dieses Jahr einen “Einsteigerdeal” für Larpanfänger an. Weitere Infos gibt es auf der Pilgerlagerhomepage.

Und ganz so weit wie das Drachenfest ist es auch nicht. Nur Vorteile!

/Werbung Ende

 

Neue Beinwickel

Heissen die Dingers eigentlich Bein- oder Wadenwickel? Irrelevant, ich habe neue:

Beinwickel, Diamantköper

Detail des Musters:

Beinwickel, Diamantköper Detail

Dann kommt etwas Werbung: Gekauft habe ich sie bei einem Kerl, den ich tagelang den “irren Franzosen” genannt habe: Am Tag der Bestellung kam die Bestätigung, alles sei wie auf der Homepage sichtbar lieferbar. Danach kamen im Zweitages-Takt Mails, erst von ihm, dann noch von der Französischen Post, immer hübsch mit Infos wo mein Paket sei. Im Paket nachher waren auch zwei deutsche (!!!) Zettel:

Marchand Médiéval

Ich vermute, er meint “Gutes Reenacten” oder sowas in der Art. Auf jeden Fall bin ich bin den Dingern zufrieden und der Zettel hat mich besonders gefreut: Er kann zwar Deutsch, aber nicht so ganz alles richtig. Das hemmt ihn aber gar nicht! Seinen Shop findet man unter Marchand Médiéval, ich kann’s nur empfehlen.

“intime” – Das Schweizer Larp-Magazin

Gestern hatte ich die erste Ausgabe der “intime – Das Schweizer Larp-Magazin” im Briefkasten. Bragi hat mir freundlicherweise ein Exemplar zugeschickt, darüber freue ich mich. Die Redaktion besteht aus Lea R., Nina R. und Patricia H., aber drei, vier weitere Leute haben Texte beigesteuert. Eine eigene Homepage hat das Projekt nicht, aber eine öffentlich zugängliche Facebookseite.

Um was geht es? Gemäss dem Eigenbeschrieb ist es ein Magazin, das Liverollenspieler über Liverollenspiel und Artverwandtes informiert – was ohne weitere Beteiligung aus der Szene nicht gehe. Damit deckt es sich durchaus mit der Ansage, dass das deutsche Larp nicht kommuniziere (Jens’ Vortrag am mittelpunkt2014), was ich grundsätzlich ebenso sehe.

Inhalt? 

Zwei Spielberichte – wobei aus meiner Sicht der eine eher ein Erfahrungsbericht über das Umsetzen einer Spontanidee ist und der zweite als Mischung aus Charakter- und Spielerbericht geschrieben ist. Leider sagt gerade der zweite wenig über das der Mehrheit Zugängliche an der Veranstaltung aus. Da wünsche ich mir als Aussenstehender tatsächlich etwas mehr Information über das Spiel, sowohl IT als auch OT. Dass das Schreiben eines Spielbericht nicht ganz einfach ist, weiss ich zudem aus eigener Erfahrung gut, deshalb ist da aus meiner Sicht viel Luft nach oben – die Erlebnisse eines Charakters sind zu subjektiv im Vergleich zu Details, die für alle Spieler vorhanden sind.

Eine Bastel- und eine Kochanleitung: Die Pois habe ich – obschon ich selber keine brauche – verstanden und die Kochanleitung hat ausgereicht, um mir den Gedanken; “Warum spiele ich keinen Kreol-Seemann o.Ä.” auszulösen. Ich denke, das lässt sich durchaus nachkochen – und darum geht es ja.

Ein Interview mit den “Burning Goatees” und vier Rezensionen. Mit dem Interview werde ich nicht ganz warm, aber auch meine Begeisterung für Feuershows hält sich stark in Grenzen. Die Buchrezensionen passen – die beiden Bücher kenne ich, hätte sie selber nicht im Larp-Kontext erwähnt, aber Inspiration ist vorhanden.

Cosplay vs. Larp – Ein lesenswerter Text! Aus meiner Sicht sorgfältig geschrieben und mit Informationen versehen, am Schluss sogar mit einem persönlichen Blick auf die Sache. Sehr toll!

Nero / Feuerkünstlerhistorie – Beides gerne gelesen, nach dem Interview habe ich auch mehr zum “Schwerpunktthema” erwartet – hier kommt es. Der Bezug zu Liverollenspiel ist auch hier eher zurückhaltend, weder habe ich starke Anleihen zu “römisch-Antik” noch zu Feuershows im Mittelalter-Fantasy-Larp-Bereich bemerkt – aber ich kriege auch nicht alles mit, wahrscheinlich habe ich da einfach eine Menge verpasst.

Linkliste / Event-Kalender – beides Sachen die man haben muss. Für wesentlich wichtiger halte ich den Ausblick, mit dem auch Texte für das nächste Schwerpunktthema gesucht werden.

Zusammenfassend gesagt: Gut gemacht. Es gefällt mir, wenn mehr über das Hobby in all seinen Varianten geschrieben wird. Die Themensetzung macht Sinn, die Artikel sind angenehm lesbar. Ich kann nicht bei allen Artikeln sofort den Larp-Bezug sehen, aber das ist auch nicht der Sinn der Sache – sondern ich frage mich, wie ich die Infos aus dem Artikel in einem (noch hypothetischen) Spiel brauchen kann.

Abonnement? Unterstützen?

Die nächste InTime wird sich um das Thema Endzeit drehen, dafür werden auch noch schreibende Unterstützer gesucht. Wer sich also berufen fühlt, soll sich doch direkt melden. Ich habe mich entschieden, ein Jahres-Abo zu bestellen. Das ist zwar teurer als die Larpzeit, aber ich würde durchaus gerne mehr über die Endzeit lesen. Zudem ist es ein Jahres-Abo, kein “Mehrjahres-Abo”, also kann ich wohl die ersten vier Ausgaben beschnuppern und dann neu entscheiden.

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