Diesen Samstag findet rund drei Kilometer von mir entfernt das Swiss Larp Meeting statt. Ich werde nicht dort sein. Nicht etwa, weil es zu teuer ist oder weil ich anderweitig verpflichtet bin, nein, ich habe mich gegen hinfahren entschieden. Der Entscheid fiel mir allerdings nicht leicht, denn ich bin der Meinung, dass man sich auch (vor allem ausserhalb seines üblichen Spielumfeldes) mit anderen Spielern treffen sollte, um über das Spiel zu reden. Die Ausschreibung des “Swiss Larp Meeting” hat mich aber dabei zum Nachdenken gebracht.
Die Ausschreibung ist relativ kurz gehalten: “Let the different language parts grow together and make better Larps. swisslarp is a newly started project to improve the quantity, quality and diversity of Swiss Larp and to let the different language parts grow together and therefore create a bigger and more heterogeneous community“.
Es hört sich super an. Alle Sprachregionen der Schweiz, vereint im Ziel “bessere Larps” zu veranstalten. Menge, Qualität und Vielfalt, alles wird mehr – dadurch wächst auch die vielfältiger werdende Community. Der Einfachheit halber wird auf Englisch kommuniziert. Vor allem der erste Teil erinnert an Rasteds Blogbeitrag “If we want larp to grow, we need more genres/scenes“, dessen Meinung ich grundsätzlich auch teile.
Aber?
Wenn ich mir allerdings mein Spiel-Umfeld und auch mich selber ansehe, dann zeichnet sich ein differenzierteres Bild. Die Spiele mit den meisten Spielern aus der Schweiz sind vermutlich das “Conquest of Mythodea” und das “Drachenfest“. Die meisten Spieltage in der Schweiz sind vermutlich innerhalb der Cendara-Kampagne angesiedelt. Auch ich spiele grösstenteils in Cendara. Ich weiss, dass Spieler ab und an auch in andere Länder an Spiele fahren – aber im Vergleich zu den hiesigen Spielen, insbesondere wenn man die erwähnten Grosscons miteinbezieht, sind das wenige Spieltage. Nun weiss ich aber – primär aus dem Internet – dass auch die Romands Liverollenspiele veranstalten. Ich wohne zwar in einem zweisprachigen Kanton, aber ich bekomme davon wenig mit. Ich weiss nur von wenigen Spielern aus meinem Umfeld, dass sie dahingehende Kontakte haben.
Im Bereich Spielstil sehe ich aus dem Cendarabereich teilweise starke Anlehnung an Mythodea, die Westmark (in Cendara) orientiert sich am Low-Fantasy / Histo-Larp-Gedankengut. Beides sind meines Wissens (auch) in Deutschland etablierte Konzepte. Auch Andere orientieren sich an dem, was Internet und Erfahrungen hergeben – Hinweise und “Anleitungen” wie Rollenspiel funktioniert, gibt es im Netz zur Genüge. Ich teste selber gerne komplexere Dinge auf dem Epic Empires aus, mag die Schlachten auf dem Drachenfest, informiere mich und lese primär über Spiele aus der Schweiz, Deutschland und Österreich.
Was die Ausrüstung betrifft, so sind wir gerade im Schwergewicht “Fantasy” mit seiner Mittelalter-Bezogenheit klar auf Deutschland angewiesen – schliesslich gibt es die Schweiz als politisch nicht dem “Heiligen Römischen Reich Deutscher Nation” zugeordnet auch erst nach dem Mittelalter. Nähanleitungen, Rüstungen, Waffen, Bastelmaterialien – primär orientieren wir uns da auch am “grossen Kanton”.
Und da ist der entscheidende Punkt: In Deutschland finden im Jahr mehrere hundert Spiele statt (~600, listet der larpkalender.de), in der Schweiz sind es immerhin ~20 im Jahr. Das ist das Angebot, in dem ich mich bewege – und es hat Einfluss auf mich. Ich glaube, dass ich primär “deutschsprachiger” Spieler bin. Dass ich zufälligerweise Schweizer bin, spielt in dem Kontext keine Rolle – denn es gibt keine charakteristische Schweizer Larpszene. Wir Deutschsprachigen orientieren uns an dem, was in Deutschland passiert und beeinflussen es nicht als national gebundene Spielerschaft.
Wenn jetzt ein “Swiss Larp Meeting” stattfindet, und sich auf den Rahmen “Schweiz” stützt – dann bin ich eindeutig am falschen Ort. Vor allem, wenn ich nach wie vor der Meinung bin, dass Larp eigentlich auf Con stattfindet. Denn ausgehend vom Beispiel der Deutschschweiz müssten sich die Romands – und die Ticinesi – nach Frankreich/Belgien und Italien ausrichten.