Spielbericht: “Umbruchstimmung”

PS: Solange mein Dateiupload spinnt, wollte ich warten. Habe jetzt aber einfach ein andere Lösung für Bilder genommen. Text ist also jetzt, zur Zeit der Veröffentlichung, Monate alt…

Beschrieb aus dem larpkalender.ch: Seit 37 Jahren herrscht im Reich das Regime der fürsorglichen Kaiserin mit ihren Wächtern des Edikts 27, die immer ein Auge (oder mehrere) auf mögliche Verstösse gegen den technologischen Stillstand im Kaiserreich geworfen haben und unnachgiebig den status quo zementieren. Wenngleich sich hin und wieder einige prominente Stimmen gegen diesen Zustand erhoben haben, so währten diese nicht lange, noch führten sie dazu, dass sich die Massen in Bewegung setzten. Dennoch bedeutet Stille nicht in jedem Fall Stillstand! Diejenige Maschine, deren Getöse und Dampfspektakel am lautesten dröhnt, ist oftmals nicht die gefährlichste. Bereits ein klitzekleines Sandkorn mag genügen, um das Getriebe ins Stocken zu bringen. So rumort es denn auch unter den Menschen im Kaiserreich, heimlich und geflüstert zwar nur, aber dennoch einem Sandkorn vergleichbar. Umbruchstimmung liegt in der Luft…

Und der OT-Abriss im Larpkalender:

Kurzabriss
Wir spielen in der gleichen Welt und zur gleichen Zeit wie das Steampunk-Spiel „Bergfrühling“ der Chipheads. Ihr spielt die Mieter und Mieterinnen des Wohnblocks “Sommerfrische“, am Stadtrand der Kaiserhofstadt. Wohnen werdet ihr entweder in Einzelwohnungen, oder in Wohngemeinschaften, die jeweils durch einen gemeinsamen Hintergrund verbunden sind. Viele weitere Informationen findet ihr auf unserer Homepage steampunk-larp.ch

Location war das Heim der Cevi Wartburg ob Mannenbach am Bodensee. Für ein geladenes Spiel im Haus ist es genial – dort war ich schon für das “Klassentreffen” und das “Siebenstadt”. Einige wenige Höhenmeter unterhalb des Hauses findet sich ein zweites, kleineres Haus, welches sich prima als NSC-Stützpunkt, Nebenlocation oder Orgaplex nutzen lässt. Aufgeteilt war das Haus In-Time in verschiedene Wohngemeinschaften, welche jeweils ein eigenes Zimmer als Aufenthaltsraum bekamen, dazu eine Arztpraxis, ein Einkaufsviertel, eine Kantine und einen versteckten Raum (hinter einer falschen Wand) im Keller. Geschlafen wurde dazu in 2-5er Zimmern.
Spielerschaft war mehrheitlich älter als ich mir aus der Schweiz gewohnt bin – ich habe wohl eher zu den Jüngeren gehört. Die, mit denen ich gespielt habe haben mich durchaus überzeugt, dass wir in einem Fantasy-Kaisereich eines… 19ten? (oder sowas?) Jahrhunderts befinden.

Arrluk, Sohn des Bären (Foto:lagergrube.ch)
Arrluk, Sohn des Bären (Foto:lagergrube.ch)
Stoffstiefel
Stoffstiefel

Ausrüstung der Spieler war zwischen “merkwürdig” und “genial”. Ich fand den Hausmeister ebenso wie die beiden Sigristbrüder als einfache Arbeiter extrem passend, auch bei den Ladenbesitzern war ich durchaus begeistert. Etwas weniger kohärent war leider mein eigenes Grüppchen, die Borkentierjäger. Dummerweise kann ich kaum meckern, weil es auch selbstverschuldet ist. Es hatte ansonsten wie immer hochwertigstes ebenso wie schnell geschusterte Lösungen, aber keine Totalausfälle. Ich selber war eine Art indigener Hilfsseemann auf dem Borkentierjäger “Undine”. Dazu trug ich, angelehnt an Fotos von Indianern im 19ten Jahrhundert: Ein Lederhemd, darüber die obligate Weste. Einen Anorak, pelzverbrämt, aber vorne aufgeschnitten und mit walfangverzierten Knöpfen. Sailor Slops, Flensmesser, Bowiemesser, und einen steifen, puritanischen und mit Tand geschmückten Filzhut. Und meine absurden neuen Stiefel.
Dekoration war genial. Viel Aufwand mit vielen Dingen, etwas was mir sehr gut gefällt. (Denn jedes kleine Detail drückt mich ein wenig tiefer ins Spiel). Erster Hand: Die Pappwände, schön bedruckt, welche eine Art Kabuff aus einer Raumecke und einem normalen Tisch macht. So sahen die Pfandleihe und das Postamt sehr schön aus, es hat einem wirklich das Gefühl eines kleinen Tante-Emma-Ladens vermittelt. Bierdeckel passend, Bierflaschen mit einem zusätzlichen Kleber etikettiert. IT-Geld war schön gemacht, hat mir gefallen – zumindest das papierne. Die Muttern (5er-Muttern aus dem Baumarkt) sind nicht so mein Stil…

Politisches, Telegramm, Geldscheine, Pässe und staatliche Lottorielose...
Politisches, Telegramm, Geldscheine, Pässe und staatliche Lottorielose…

Plot war irgendwo auch zu finden. Daher aber die Charaktere vorgefertigt (Bzw, leicht an Spielerwünsche angelehnt) waren, blieben Verstrickungen nicht aus. Gegenstände, Geld, Kryptonit – egal was man bekam, Andere wussten davon und nutzten es gegen und für Andere oder sich selber. Dazu eine Energiequelle, die strahlt, eine Maschine zur Gedankenveränderung, eine dezente Bürokratie und verschlüsselte Nachrichten. Jeder war schuldig, und fast keiner rebellisch. Denn im Kaiserreich herrscht die Kaiserin im Stillstand – und das Land ist Nahe dran, völlig vor die Hunde zu gehen. Leider waren gegen Schluss kaiserinnentreue Charaktere eher Mangelware, was ich echt Schade fand.

Fazit: Ich habe nur Gerüchte von einem zweiten/weiteren Spiel gefunden. Und daher ich das auch vorher nicht wusste, war mein Charakter wohl etwas zusammengestückelt, was die Ausrüstung anbelangt. Wenn ich sehe, was Andere da gebastelt – gekauft – besorgt haben, dann finde ich es schade, dass soviel Aufwand in einem einzelnen Spiel verpufft. Aber der Anorak geht als “lustiges Stück” in den Kleiderschrank, die Schuhe als “NSC-Stiefel” in die Kleidertruhe. Der Rest war vorhanden oder ging auf Platz kaputt. Die Ritualsteine, die mein Charakter brauchte, liegen im Keller der Eltern als “Latène-Steinkreis”.

Fotos sind bei carusoworld.ch und lagergrube.de zu finden.

Gedanken zur Opferregel

“Cendara 1 – Licht und Schatten” – “Heldengeschichten 1 – Hoffnung und Zorn” – “Cendara 3 – Die dunkle Bedrohung” – “HHHH – Das Anderswelttreffen” – “Nordwind 2”. Was haben diese Spiele gemeinsam? Sie waren alle mit der Opferregel ausgeschrieben. Doch am Cendara 3 hatte ich eine merkwürdige Diskussion mit einem anderen NSC über genau diese Regelung, die mich ein Stück weit zum Nachdenken angeregt hat. “DKWDDK mit Opferregel” ist so salonfähig, dass es offensichtlich jeder einfach als Marke auf sein Spiel schreibt, ohne das sich Spieler damit auseinandersetzen.

Doch was heisst es eigentlich? Am ehesten verbindlich – aber keinesfalls absolut – ist die Definition aus dem Larpwiki:

Im engeren Sinne einfach die Regel, daß der Spieler selbst entscheiden darf, ob, wann und wie sein Charakter stirbt.

Im erweitereten Sinne eine Regelphilosophie, die vor allem in punktelosen Regelwerken Anwendung findet.
(…)

Ich nutze jetzt gleich die Situation vom Wochenende. Wenn ich mich recht entsinne, ging es darum, dass es jemand schade fand, dass ein Schnitt über die Kehle nicht durch den Tod des Charakters ausgespielt wird. Naja, lange Wartezeit lag schon hinter mir, und so habe ich direkt gekontert: “Solange das Spiel mit der Opferregel ausgeschrieben ist, entscheidet das der angegriffene Spieler.” Daraus entstand eine kurze Diskussion, im Laufe derer sich herauskristallisierte, dass die Erstaussage – dass es Schade sei – von einem kam, der vorrangig einen Assassinen als Charakter bespielt – der das nunmal im Kampf so handhabt. Bis jemand von der Seite einwarf: “Dein Charakterkonzept ist scheisse!”. Was ich übrigens auch fand, aber ab und an kann ich auch höflich sein und so etwas nicht sagen. Leider ist (Glücklicherweise?) die Diskussion daraufhin versandet. Aber bei mir blieben einige Gedanken hängen – warum war der Spieler da, und warum war ich am selben Anlass. Wie kommt es zu der Situation?

Ich bin der Überzeugung, dass jemand der Assassine/Meuchler als Charakter wählt, irgendwie das “Miteinander” des Liverollenspiels nicht verstanden hat. Und eigentlich glaube ich auch, dass eine Orga sich über solche Spieler Gedanken macht, und es somit gewünscht war, dass ebenso ein Charakter anwesend ist. Aber in dem Fall sollten sich – Opferregel vorrausgesetzt – Orga und entsprechende (Assassinen-)Spieler bewusst sein, auf was sie sich einlassen. Denn Opferregel erfordert auch Verantwortung des Handelnden. Ich halte es für bescheuert, wenn jemand Mitspieler in eine Situation bringt, in der eine verquer aufgefasstes “Das ist aber nur konsequentes Spiel” oder ein “Alles andere war (für meinen Charakter) unlogisch” sein Gegenüber zu etwas zwingt. Ob das den Samstag über krank zu spielen, abgestochen werden, oder auch nur fadenscheinig gerettet werden bedeutet.  Wer sich also an einem Spiel mit der Opferregel begibt, ist in der Verpflichtung, auch selber verantwortungsbewusst zu spielen. Deshalb auch an Organisatoren: Wenn ihr Opferregel draufschreibt, dann kann vieles drin sein. Damit Opferregel drin ist, braucht es etwas mehr.

Und wer Assassine spielt, ist selber schuld. 😉