Schuster, bleib bei deinem Leisten

Nachdem ich mehrfach selber Wendeschuhe genäht habe, hat sich dabei eine gewisse Stagnation eingeschlichen. Die letzten drei Paare waren alle im selben Stil, dasselbe Modell. Dazu kam nochmals dasselbe Modell für meine Freundin. Es funktioniert, es ist im Prinzip das verfeinerte Exemplar, das ich auf der Gotthardwanderung benutzt habe.

Es musste was Neues her. Dabei hat sich bei mir im Hinterkopf etwas geregt und in Groenman-van Waateringes “Die Lederfunde von Haithabu” (Ein Muss für jeden, der Schuhe nähen will) habe ich es wieder gefunden: Die Schuhsterleisten aus Haithabu.

Schuhleisten Haithabu
Schuhleisten Haithabu (Groenman-van Waateringe)

Die Schuhe bleiben Wendeschuhe. Sie werden auf dem Leisten genäht, der Leisten wird herausgezogen, der Schuh gewendet und anschliessend wieder auf den Leisten gezogen. Dort wird er in Form gebracht. Das deckt sich mit dem Buch Stefan von der Heides, der schreibt: “Natürlich ist es möglich, Schuhe ohne Leisten herzustellen. Sie werden jedoch niemals eine schöne Form besitzen und nie mehr als ein laienhaftes Fussfutteral darstellen.” (Kleidung des Mittelalters selbst anfertigen. Schuhe des Hoch- und Spätmittelalters.). Ich versuchte immer mal wieder, Leisten der Grösse 43/44 zu kaufen. Dabei musste ich aber herausfinden, dass der Leistenbau eine Handwerkskunst ist, über die Schuster nicht besonders gerne viel erzählen. Und ich musste bemerken, dass moderne Leisten oftmals von einem Absatzschuh ausgehen. Das Modell aus Haithabu allerdings zeigt, in Verbindung mit den Funden, dass keine Absätze und eine hinten schmale und vorne breite Form benutzt wurde. Deshalb müsste ich gekaufte Leisten ohnehin anpassen. Also ist nach und nach das Selbermachen in den Fokus gerutscht. “Kann ja nicht so schwer sein”, dachte ich….

Das Ergebnis und der “Testschuh” mit Pappsohle (Hauptmann Mumm lässt grüssen) aus Filz sehen folgendermassen aus:

Fertige Schuhsterleisten
Fertige Schuhsterleisten (Grösse Kendra)
Testschuh aus Filz I
Testschuh aus Filz I
Testschuh aus Filz II
Testschuh aus Filz II

Der rechte Leisten ist natürlich derjenige, der links aussieht – und umgekehrt. Aus Erfahrung weiss ich, dass mein Rist rechts höher ist und Schuhe gerne dort drücken, aber das wiederholte Umkehrdenken, welcher Schuh wann auf welchen meiner Füsse passen soll, war zwischendrinnen etwas verwirrend. Entstanden sind die Leisten folgendermassen:

Werkzeug, das zur Verfügung stand...
Werkzeug/Werkstatt, das zur Verfügung stand…
Holzrohlinge aus Palettenresten
Holzrohlinge aus Palettenresten
Sohlenmuster - Abgenommen von Schuhen und meinen Füssen
Sohlenmuster – Abgenommen von Schuhen und meinen Füssen
Erstes Abspanen
Erstes Abspanen
Wiederholt anzeichnen und abraspeln
Wiederholt anzeichnen und abraspeln
Länge anpassen (Fusslänge +5mm, sagt von der Heide
Länge anpassen (Fusslänge +5mm, sagt von der Heide)
Viel besser in der Länge
In der Länge angepasst
Erstes Testmodell (Passt mein Fuss überhaupt?)
Erstes Testmodell, Sohle aufnageln (Passt mein Fuss überhaupt?)
Erstes Testmodell (Günstigste Variante aus Stoffstreifen)
Erstes Testmodell (Günstigste Variante aus Stoffstreifen)
Nachbearbeiten (Die Filzstiftstriche rasple ich jeweils ab)
Nachbearbeiten (Die Filzstiftstriche rasple ich jeweils ab)
Zusammengespannt, nach der Formgebung, mit 120er-Papier verputzen
Zusammengespannt, nach der Formgebung, mit 120er-Papier verputzen
Zwischenstand vom Abfall....
Zwischenstand vom Abfall….
Fertiger Leisten, ohne die Verbindungsschraube
Fertiger Leisten, ohne die Verbindungsschraube

 

Ich bin einigermassen stolz auf die Dinger. Aber ob sie wirklich bessere Schuhe erzeugen, muss ich noch herausfinden. Der Arbeitsaufwand war, was das reine Raspeln angeht, überschaubar – am Nachmittag gestartet, gegen 10 Uhr Abends fertig. Jetzt geht es ans Schuhe nähen.

Hnefatafl

Zwischenzeitlich bastle ich ein paar Sachen:

Hnefatafl “quick&dirty”
  • Ein Stück Leinen, mit einem Stoffmalstift liniert. Ich habe halt nur Rot, Blau und Schwarz gehabt…
  • Ein Stück Hasel aus dem Wald. In Scheiben geschnitten und die Hälfte davon ‘ne Viertelstunde in Wasser-Acrylfarbe-Mischung gelegt und trocknen lassen.
  • Der Beutel aus den Resten der Rushose I

Das Spiel selber macht ziemlichen Spass, wir haben es in der “Fux&Haas”-Taverne gespielt. Allerdings waren die ersten Partien eher… lustig, weil andauernd Fehler passierten – diese wiederum je nachdem niemand sah&nutzte. Ich kann es sehr empfehlen: Es ist nicht modern, einfach herzustellen und eine Partie nach einer Viertelstunde durch.

Bastelbericht: Kaftan und Eisen, Gugel und Buch

Ich habe, für das nächste Spiel vorbereitend, ein paar Zusätze gebastelt. Zum Ersten eine Gugel, mehr/minder nach Sjkoldehamn, aber mit einer Ziernaht und einer Augenperle an der Front. Leider ist die Gugel aus Strickloden, was zwar die Verarbeitung vereinfacht – aber leider halt auch gegen Regen weniger gut hält.

Der Kaftan ist nach der Vorlage aus dA, mit der ich schon öfters geliebäugelt habe, aber leider auch aus Strickloden. Damit er nicht total ausleiert, ist er mit Stoffresten verschiedenster Art gefüttert.

Kaftan, anthrazit

 

Kaftan von vorne
Weisse Gugel mit Perle

 

Weiterhin werde ich bald das erste Mal einen Heiler spielen. Dafür braucht man ordentliches Werkzeug, also habe ich mit meinem Bruder aus altem Gartenwerkzeug, unter Zuhilfenahme von viel Feuer und einem improvisierten Amboss, versucht ein Kautereisen und zwei Wundhaken zu “schmieden”. Es war viel Hämmern und braucht definitiv noch mehr Erfahrung, aber spassig war es trotzdem. Das Ergebnis ist gar nicht mal so schlecht. Die Griffe sind aus (Eschen-) Brennholzresten, die ich mit Epoxydharz angeklebt und mit Nägeln angenietet habe. Ob es hält, werde ich sehen.

 

Eisen & Haken

Und weil heute der Tag der schönen Dinge ist: Auf dem Epic Empires habe ich bei einem Händler aus dem Norrelag für 25 Silbermünzen eine Kette eingetauscht. Ich bin furchtbar stolz darauf:

Kette Silberdraht

Und zu guter Letzt: Ich habe, mit Unterstützung meiner Freundin, ein Buch gebastelt. Aus normalem, 80g/m-Papier, das ich mit Tee gefärbt habe und aus Leder das ich auf dem DF von einem Ungarn gekauft habe. Es sind doch mehr Arbeitsschritte, als ich zu Beginn gedacht habe und das Überziehen des Buchrückens mit Leder war… spannend. Es fühlte sich immer wieder nach “im Dunkeln umhertasten” an.

Buch, selbstgemacht
Buch, Seite/Bindung
Buch, aufgeschlagen

Derzeit bin ich das Buch am füllen – mit Elder Futhark und Anleitungen zum Zaubern. Auch das macht Arbeit, aber das Schreiben ist sehr entspannend – nach ein paar Seiten gehen die Runen doch recht zügig voran.

Löffelschnitzerei

Löffel, unmodifiziert
In den letzten beiden Wochenenden habe ich mich erstmals an Schnitzereien an Löffeln versucht. Bei uns zu Hause lagen zwei Löffel rum, einen habe ich irgendwo gefunden, der andere ist von meiner Freundin. Ich kenne die Vorlage nicht und habe deshalb die originalen Modelle nirgends zuordnen können: Für mich war das ein Freischein für Basteleien. Zumal die Form auch fürs Essen kaum getaugt hat, mit diesem komischen Haken…

Das Ursprungsmodell ist wahrscheinlich das rechts im Bild, es kann m.W. bei Melbars Tröpfelhandel oder bei Ascarius bezogen werden. Im Originalzustand sieht er stark nach maschineller Anfertigung aus, daher habe ich als erstes die Form angepasst und anschliessend ein Muster in den Griff eingeschnitten.

Löffel, Form angepasst
Löffel, mit Schnitzerei
Löffel, mit Schnitzerei für meine Freundin

Ich bin ziemlich zufrieden, den meisten Aufwand machte leider das Nachschärfen der Schnitzwerkzeuge.

Mein ersten Larpschuhe

Ich habe sie, mit viel Elan, 2004 rum selber gebaut. Sie sind aus solider Eiche und aus Lederresten vom Polsterer um’s Eck. Ich bin irgendwie doch noch stolz drauf.

Erste Larpschuhe
Erste Larpschuhe
Erste Larpschuhe
Erste Larpschuhe

Aus eigener Erfahrung kann ich sagen: Es ist wie mit Trippen. Eigentlich eine ganz coole Sache, aber alles in allem schmerzhaft, wenn man lang drauf rumlaufen muss.

Sprache und ihr Kontext

Fantasylarp heisst nicht nur, sich zu verkleiden und in einer Jugendherbergsburg umher zu hüpfen. Nebst einigen grundlegenden Schauspielfähigkeiten kommt der Sprache eine Bedeutung zu, denn zu einem guten Teil tauschen die Charaktere darüber Informationen aus. Dabei werden gerne Begriffe und Formulierungen weggelassen oder ersetzt, die aus Sicht der Spieler nicht zum Ambiente beitragen. Andere werden stattdessen zugezogen und sollen die Atmosphäre stützen.

Eine solche marktsprech-angelehnte, leicht altmodisch angehauchte Sprache sich bewusst sein muss, dass sie das Spiel beeinflussen wird.

Sprache beeinflusst:

Hinter einem Wort steckt ein Konzept. Eine Ansammlung an Ideen, Gedanken und Informationen, die zu einem Wort gehören und die es in ein System an Bedeutungen einbinden. Dieses Konzept wird sich in einer lebendigen Sprache wie dem Deutschen auch immer wieder verändern, ebenso wie es verschobener Bedeutung bei verschiedenen Menschen unterliegt. Eine gewisse Übereinkunft erhält man, wenn man in einem Wörterbuch nachschlägt: Der Duden hilft. Beispielsweise ist ein Speer nicht dasselbe wie eine Lanze, ein Messer ist kein Dolch und ein Scherge dient keinem guten Zweck. Es gilt also, Worte zu verwenden die die gewünschte Bedeutung tragen und gleichzeitig die Atmosphäre stützen.

Weiterhin benutzen Liverollenspieler im Spiel einen Soziolekt. Damit ist eine Sprachvarietäte gemeint, die von einer bestimmten Gruppe benutzt werden und deren Worte bestimmte Bedeutungen haben. Als Beispiel: “Kurzwehr” und “Langwehr” bei Landsknechten für die Stangenwaffen und kurzen Beiwaffen. Das zieht sich aber auch ausserhalb des Spiels weiter: Ein gutes Beispiel dafür ist das Wort “Gewandung”, mit dem gewisse Szenen (Bspw. die Larper) ihre Kostüme meinen – für Künstler die im plastischen Bereich arbeiten, steckt ein anderes Konzept dahinter. Der IT genutzte “Soziolekt” zeichnet sich u.A. durch eine Abwesenheit von als störend empfundenen Worten aus, teilweise auch durch Formulierungen die sich auch grammatikalisch von der Alltagssprache abheben. Es ist also so, dass Worte und ihre Konzepte durch die Sprecher angepasst werden, gestützt durch den Wunsch die Atmosphäre zu verdichten und das Erlebnis zu erweitern.

Beides zusammen – Konzepte hinter Worten und “Soziolekt” –  führt leider manchmal zu unpassenden oder sogar falschen Strukturen, die sich wie ein Korkenzieher durch den Kopf fressen: Man weiss, was der Sprecher/Schreiber meint, merkt aber auch dass er scheitert.

Beispiele:

  • Einige (vorher) unbescholtene NSC wurde im Chronik-Text der Orga nach dem Spiel zu “Schergen des Fürsten”, womit sie mitsamt ihrer selbst auch noch den Fürsten diskreditierte. Der weitere Weg wurde somit klar: Ungeachtet dessen, wie die Charaktere agierten, das weitere Spiel wird gegen den Fürsten gehen.
  • Ein “Emporkömmling aus dem Adel” aus der Spielausschreibung, der sich am Spiel einfach als “neuer Charakter” erwiesen hat. Mit dem “Emporkömmling” hatte der Charakter nichts zu tun.
  • “Ein Schober voll Korn” hört sich richtig an, aber gemeint ist vermutlich “Ein Schober Stroh” oder “Ein Scheffel Korn”.
  • …tbc

Es geht mir weder darum, pingelig auf die Rechtschreibung zu pochen noch geht es mir darum, jemanden anzuprangern. Ich will darauf hinweisen, dass das Fantasy-Larp nur aufgrund von “Fantasy” keinen Freibrief für irgendwas bietet, sondern sich mit normalen Menschen begnügen muss. Diese wiederum müssen von der ihr bekannten Kommunikation ausgehen, mit der das Spiel beeinflusst wird – und ein bisschen schlechtes Marktsprech eben nicht ausreicht, um dem Ambiente zu genügen. Wenn die Sprache im Spiel sich ausdrücken will, so bieten sich aus meiner Sicht eher Wortlisten an – das Grosse Heer hat ein gutes Beispiel davon. Gemäss Hintergrund versucht man, Alltagswörter durch passende Wörter anzupassen. Besser als (hinter-)hofhälterisches Geschwurbel wird es allemal sein.

 

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