Deutsches Larp – was ist das eigentlich?

Als vor ein paar Jahren langsam skandinavisches Gedankengut in unsere hübsche, kleine und saubere Larpwelt sickerte, da besuchten auch erste Spieler aus meinem Umfeld bewusst Spiele mit dem Label “Nordic Larp”. Seither ist der Einfluss und die Reichweite sowohl von Larp als auch von Nordic-Larp stetig gewachsen. Die Anzahl der Spieler hat ebenso zugenommen wie die Menge der angebotenen Cons. Immer wieder haben wir seither darüber geredet, was eigentlich Larp ist – und was es nicht ist. Denn Jens Scholz’ Vortrag: Larp und Social MediaDas deutsche Larp kommuniziert nicht ist nach wie vor aktuell – wenn auch aus meiner Sicht nicht mehr so akut wie vor vier Jahren.

In der Deutschschweiz haben wir im Rahmen der Contakt 2015 darüber philosophiert, was wir eigentlich machen. Und schon damals haben wir festgestellt, dass “Nordic Larp” – ob es als ” school of larp game design” oder als “movement” gesehen wird – sich auf der Suche nach einem Selbstbeschrieb gemacht hat. Die Suche dauert an, aber immerhin – es existiert eine Diskussion. Kurze Blicke auf den deutschen und den Schweizer Larpkalender machen aber deutlich: Mittlerweile können “Nordic Larp”-Spiele auch im Beschrieb von “anderem” abgetrennt werden. Aber was machen wir denn selber? Wenn man sich umhört, sind zwar einzelne Spiele immer mal wieder exakter beschrieben – aber es verbleibt eine undefinierte Restmenge (“JeKaMi”, “Feld-Wald-Wiesen-Fantasy” usw.). Was sind denn die Eigenschaften dieser, das Gross ausmachenden, Spiele? Hier ist ein Versuch, “das was wir machen” zu beschreiben.

Deutsches Larp ist auf zwei Ebenen Kampagnen-bezogen. Die zwei Ebenen sind die Mikro-Ebene, also der einzelne Spieler, und die Makro-Ebene, damit sind Spiele und Kampagnen gemeint. Die Mikroebene lässt sich am besten als Ego-Kampagne verstehen, die Makroebene als Spiele (Veranstaltungen), die aufeinander Bezug nehmen.

Ego-Kampagne: Der Zusammenhang, die Kohärenz der Geschichte, ist wichtiger als alles Andere. Deutsche Larper sind in der Lage, trotz Logikbrüchen und Charakter-Heimweh über Jahre in verschiedenen Arrangements, Hintergrund-Ländern und Kampagnen dieselben Charaktere zu bespielen. Der Umgang damit, dass sich gewisse Muster totlaufen, ist routiniert, denn den Charakter zu behalten ist wichtiger. Der Tod des Charakters wird vermieden oder stellt die Ausnahme dar. Ausrüstung, Kleider und Requisiten können für Charaktere zugelegt werden, deren Wert in die Tausende geht: Denn wird erwartet, dass dieser Charakter immer mal wieder bespielt werden wird. Jeder bespielt seine eigene Abenteuerreise, seine eigene Ego-Kampagne. Diese wird ausgebaut, passende Spiele werden für Charaktere gesucht, teils auch unpassende als Plattform für die Ego-Kampagne (miss-)braucht. Als Nickname im Internet oder als Rufname auf einem Con wird der Charaktername verwendet, und in manchem Ausdruck wird ein “ich” einfach als “natürlich IT gemeint” etikettiert. Der Charakter wird zu einem Alter Ego, manchmal mehr, manchmal weniger identisch mit dem Spieler.

Welt-Kampagne: Interessanterweise sieht deutsches Larp seine (Fantasy-)Spiele gerne als eine grosse Welt, der Kampagnen-Gedanke durchdringt die Veranstaltungen und Veranstalter. Spiele werden durchnummeriert, aber damit nicht etwa die Anzahl Durchgänge angegeben, sondern das Kapitel der Kampagne. Aufbauend auf vorangegangenen Spielen, wird eine Hintergrundwelt immer wieder benutzt, soll immer noch und wieder Anfänger-freundlich sein, aber durch Stil und Beibehalten von Details und Elementen auch Stammspieler immer wieder anziehen. In vielen Fällen existiert im Kopf der Spieler sogar ein einziges grosses Fantasy-Reich, in dem auch gerne bunt gemischt wird. Am deutlichsten sichtbar wird dies in der Optik, zwischen Kelten und Tschakos ist alles ein bisschen Fantasy (Kein Wunder wird das Exotische Standard). Ebenfalls deutliche Merkmale der Kampagne sind Verbindungen wie die Mittellande oder in der Schweiz die Cendara-Kampagne.

Was bedeutet das? Das System bietet eine Menge Vor- und Nachteile, vielleicht besser als Charakteristika zu sehen: Die Mikroebene erzeugt lange Geschichten für die Spieler. Jahrelange Freundschaften sind möglich, die Entwicklung eines Charakters und seine Neigungen können sich im Lauf der Zeit verändern und die Ausrüstung muss wesentlich länger in Gebrauch bleiben können – was ihre Qualität verbessert. An einem gespielten Wochenende auch einmal zurückhaltend auftreten ist kein Problem – die Geschichte endet ja nicht. Gleichzeitig aber finden sich nicht immer passende Spiele für einen Charakter, so dass dieser auch ab und an mässig passende Spiele besucht – und dort vielleicht als unpassend wahrgenommen wird. Arrangements, bei denen Charaktere tiefgründiges Erleben sind rar. Szenen, bei denen die Emotionen überhand nehmen – und sogar auf die Spieler durchschlagen – ergeben sich eher zufällig, wenn die für das ganze Spiel angedachte Geschichte wirklich gut zum anwesenden Charakter passt.

Die Makroebene ermöglicht wiederum richtig grosse, lange und epische Geschichten. Handlungsstränge können über Jahre gehen, mit gewissem Aufwand kann ein Veranstalter seine Stammspieler halten und erzeugt spielerische Stabilität. Ein Hintergrund kann auch sehr exotisch gestaltet werden, denn er hat Jahre Zeit, um zu wachsen und sich zu verbessern. Innerhalb der Kampagne können viele verschiedene Facetten bespielt werden, verschiedene Locations ausgenutzt und verschiedene Stile abgedeckt werden. Unter Umständen können sogar Vorgaben bei den an den Spielen zugelassenen Charakteren ganz eng gesetzt werden. Doch leider sind die Effekte nicht nur positiv. Eine lange Geschichte bedeutet auch viel Altlasten, die neueren Spielern selten gut zugänglich sind (Beispiel Mythodea, der Blog zeugt von Selbstreflektion). Auch Tikon hat ab und an Neigungen gezeigt, sehr alte Geschichten als aktuelle zu benutzten.

Dieser Kampagnen-Fokus durchzieht das Denken von Spielern und Organisatoren und erzeugt dadurch Zwänge, die als solche schlussendlich dem Spiel schaden (Beispiel: Das Dämonen-Bann-Ritual funktionierte nicht, weil es vom kanonischen Ritual abwich, dessen Existenz aber von Spielern/Charakteren gehütet wurde, die in Teil 6 aus der Kampagne ausgestiegen sind. Aus Sicht der Orga “konsequent, logisch”, aus Sicht der Bannenden: Besch… euert.)

Daraus ergeben sich für mich ein paar Konsequenzen:

  • Dokumentieren. Kampagnen brauchen Ablagen, Hinweise, Bibliotheken. Vielleicht sogar Homepages, auf denen die Spielergruppen nicht nur notiert sind, sondern mitgestalten können – Macht der Hintergrundorga geht an die Spieler.
  • Die Spielerschaft fluktiert. Entweder muss man Neuzugängen in der Kampagne besonders Hand bieten – nicht etwa, auf den “früher mal geschriebenen” Hintergrund verweisen, sondern auf das, was am Spiel tatsächlich passiert, wer anwesend ist und wer was zu sagen hat.
  • Die Spielerschaft fluktiert. Nicht jedes Spiel muss Anfänger-tauglich sein.
  • Kommunikation. Die Orga muss sich sorgen, dass ihre Spielerschaft entweder gut vernetzt wird, oder dass sie zentral arbeitet.
  • Wenn alles einen leichten Meta-Kampagnen-Ansatz beinhaltet, dann helfen einzelnen Orgas Spielstil-Beschriebe.

 

Was in dem Artikel dafür noch fehlt: Ein prägender Name. Ich bin für Vorschläge sehr offen.

Contage zählen

Im Rahmen verschiedener Diskussionen haben wir uns, auch am Stammtisch Zürich, immer wieder in Definitionen verhaspelt. Um eine vernünftige Diskussion zu führen, braucht es jedoch mindestens dasselbe Verständnis einiger Begriffe. So waren wir uns zwar einige, dass “Con”, “Larp” und “Spiel” dasselbe meinen, aber bereits ein Tavernenabend war umstritten – darf er als Con gelten? Es steht der Vorschlag, dass wir von Contagen reden. Gemeint ist damit die Anzahl Tage, die alle Spieler spielend verbringen. So ergibt sich die einfache Rechnung, dass ein Wochenend-Spiel, bei dem nur Freitags und Samstags gespielt wird, zwei Tage pro Spieler bietet. Daher sechzig Plätze vorhanden sind, bietet das Spiel 120 Contage.

Daraus ergeben sich interessante Möglichkeiten: Eine Kampagne mit drei Spielen pro Jahr kann sich aufplustern – aber sie bietet weniger, wenn die drei Spiele jeweils nur Samstagmittags (~1 Tag) für zwanzig Teilnehmer vorhanden sind. Das ergibt nur 60 “Contage”. Dagegen ist eine Conreihe, die einmal im Jahr ein Spiel über Auffahrt für 100 Leute anbietet, gewichtiger.

Ich behaupte, dass die Anzahl angebotener Tage – die von der Anzahl Orga-Teams abhängt – steigt, wenn mehr angeboten wird. Auf eine bestimmte Anzahl von erlebten Tagen steigt die Lust, selber etwas zu organisieren (und alles besser zu machen). Wenn die Larpszene wachsen will, dann können dies alle selber anpacken: Das Angebot erhöht das Angebot.

Parallelgesellschaften im Spiel

Anlässlich der Debatte in Deutschland bezüglich der Einwanderer / Flüchtlingen / Asylsuchenden / Einreisenden… [setze deinen politischen Term hier ein].

Sind wir als Liverollenspieler nicht immer wieder Immigranten?

Oder bitten wir um Asyl? Aus einer Laune heraus: Wenn ein Immigrant in sein neues Zielland kommt, so hat er mit zahlreichen Problemen zu kämpfen. Alle, die schon einmal über längere Zeit im Ausland waren, kennen das Phänomen: Ganz simple Alltagsdinge sind furchtbar faszinierend, weil sie sich einfach von den bekannten unterscheiden. Und so ergeht es uns, ob wir wollen oder nicht, gegenüber einem Larphintergrund. Wir wandern ein, (Starten das Spiel) und fangen an in bester Manier, indem wir uns jemandem vorstellen: „Mei, Grüess di, ich bin der Bauer Jupp und wollt’s mir ma n schönen Abend hier machen. Wie heisst’n du?“ Und das gegenüber erwidert: „Mae Govannen, Fremder. Nur meine heutige Grossmut lässt zu, dass du weiterhin hier sitzen bleibst.“ Alternativ auch: „Ey, wir spielen schon!“. Irgendwie entsteht Reibung durch unterschiedliche Auffassung vom Hintergrund. Jeder der beiden hat das Gefühl, er sei der Einheimische. Und jeder der beiden glaubt, der Andere sei “fremd” hier, schliesslich kennt er die Bräuche nicht. Ungefähr so fühlt sich wie der Immigrant, wenn er an der Coop-Kasse zu feilschen versucht. Oder wie der Bauarbeiter, der zwischen Elf und drei eine Siesta machen will. Vielleicht aber auch einfach wie der Mann, der verzweifelt den „Omnibus nach Worb“ will, nichtsahnend dass die Einheimischen das Transportmittel „Bähnli“ nennen und er es deswegen nie finden wird…

Spieler sind immer mal wieder Immigranten, und wenn niemand die Immigranten integriert, bilden sie Parallelgesellschaften. Und weder die Gesellschaft noch die Spielerschaft braucht ihr China-Town oder ihre geschlossene Heldengruppe, schliesslich ist es – zumindest im Liverollenspiel – ein „Miteinander“, nicht ein „Nebeneinander-und-ihr-macht-alles-falsch“.

Kein Highlight, aber ich werde mich bemühen, einen Einwanderungstest zu bestehen. Wenn er denn vorhanden ist. 😉

Von guten und schlechten Ceriden.

In einer kurzen Diskussion im Nachbeben des Landsknechtslagers kam der belustigende Spruch auf: “Wie ihr immer zwischen guten und schlechten Ceriden unterscheidet.” Naja, das tun “wir” tatsächlich. Und zwar auf zwei Ebenen, die beide Interessantes beleuchten. Zuerst die IT-Ebene, anschliessend die OT-Ebene.

Erklärung

Im Spiel ist das Ceridentum eine gespielte Religion, “die äußerlich stark an das Christentum erinnert, um ein besonders mittelalterliches Ambiente zu fördern. Trotzdem ist es eine Fantasy-Religion mit eigener Theologie und soll auch als solche verstanden werden.”, direkt aus dem larpwiki.de zitiert. Im Kern handelt es sich um die Lehre des Eynen, der seinen Gläubigen einige Regeln abverlangt. Prominent an dieser Stelle sind die Gesetze, die das Zusammenleben zwischen Herrn und Knecht regeln und jenes, das die Magie ablehnt. Das Bespielen kann, bei einer gesunden Mischung aus moderatem und konsequenten Handlungen, durchaus Spass machen. Ich persönlich mag es, weil es an ein Liverollenspiel angepasst ist und die meisten seiner Kulthandlungen auf Platz (“auf Con”) benutzt werden können. Doch was macht einen guten Ceriden aus?

Im Spiel

Das Ceridentum hat eine oftmals gebrauchte Heiligenkultur, dazu steht im Zentrum die Verehrung des Eynen. Die Heilige decken praktisch jeden Aspekt ab. Doch für die Spieler, beziehungsweise die Charaktere, sind vor allem die Manifeste wichtig:

Augenkreuz
Augenkreuz

Das Erste Manifest über den Eynen:
Gebe Deinem Gott Keinen Namen ,
Denn Er ist der Einzige und Wahre.
Das Zweite Manifest über die Tugend:
Scheide das Gute Wohl vom Bösen,
damit Du sicher wandelst auf dem Pfad der Tugend.
Das dritte Manifest über die Hexerey:
Meide Hexerey und Zauberey ,
denn sie störet die Ordnung der Welten
und ist das Werk des Bozephalus.
Das Vierte Manifest über die Mission:
Helfe Deinem Nächsten,
den wahren Glauben zu erkennen,
damit auch er der Weisheit
des Eynen teilhaftig werde.
Das Fünfte Manifest über den Schutz:
Beschütze Deine Begünstigten,
so wie auch der Eyne Dich beschützet,
denn der Starke hat die Pflicht,
den Schwachen zu schirmen.
Das Sechste Manifest über den Gehorsam:
Gehorche Deinem Oberen,
wie Du dem Einen gehorchen mußt,
denn Er ist der Herr der Herren.
Das Siebte Manifest über den Eynen:
Erstrebe stets die Gunst des Eynen,
denn Er ist der ewige Richter
über Leben und Jenseits.

Damit kann der Charakter gut einteilen, was er tun soll, und was er wirklich meiden sollte. So zum Beispiel das Sechste Manifest: “Gehorche deinem Oberen”. Damit sind auch Taten gemeint, die nicht unbedingt einem modernen, westlichen Sozialverständis entsprechen: Meint der Herr zu seinem Knecht, dass dieser jemanden erschlagen soll, so ist eine Verweigerung der Anweisung nicht einfach eine Ablehnung einer aus seiner Sicht falschen Anweisung, sondern schadet direkt dem Nachleben des Knechtes. Denn hier kommen wir zu einem weiteren Punkt: Die Taten eines Ceriden werden über sein Leben hinweg gesammelt und am Ende, nach seinem Ableben, steht der Ceride vor Cadorus, dem Richter. Dieser hat eine Waage, auf der er die guten gegen die schlechten Taten aufwiegt. “Gut” sei, was den Manifesten entspricht, “schlecht” was ihnen widerspricht. Hebt sich die Schale mit guten Taten, dann wird dem Ceriden ein Blick auf die Himmlischen Auen gewährt, und er kann in einem höheren Stand wiedergeboren werden. Brave Knechte werden zu Rittern. Oder noch spannender: Folgsame Knechte eines ceridisch schlechten Ritters sind gute Ceriden. Überwiegen die schlechten Taten, so wird der Ceride in einem niedereren Stand wiedergeboren. Taten können allesamt nur aufgewogen, aber nicht vergeben werden, der Ceride geht “zur Wägung”, welche ohne ein “Wägegeheimnis” auskommt. Ihm wird nicht vergeben, sondern der Priester hilft ihm, gute Taten zu vollbringen, durch Ratschläge-Anweisungen. Damit gelingt nahtlos die Überleitung….

Ausserhalb des Spieles
Oben zitiere ich “äußerlich stark an das Christentum erinnert”. Da steckt eines der Hauptprobleme des Ceridentums, hinter diesem einen Hinweis. Denn es erinnert wirklich an das Christentum. Und so meinen immer wieder Spieler, sie können mithilfe eines oberflächlichen Ceridenanstrichs ihrer historisch inspirierten Klamotte einen letzten Schliff geben. Leider ist dem nicht so, und man trifft immer wieder auf schlechte Ceriden, die munter christliche Konzepte wie “Beichte”, “Vergebung” oder auch “Taufe” mit vermischen. Dem entgegen stehen meistens bereits Konzepte, die sich in der Spielwelt attraktiver gestalten und die besser genutzt werden können. Lasst also das kreuz und quer vermischen. Die Grundregeln des ceridischen Zusammenlebens werden einem Charakter während seiner, wo auch immer stattfindenden Sozialisation, beigebracht. Ein schlecht informierter Ceride ist einfach unplausibel, denn der Reiz dieser Religion ist das “Spiel mit Anderen”, vor allem auch mit Nicht-Ceriden. Also Vorsicht mit dem unreflektierten Übernehmen von christlichen Ideen und werten.

Zum Schluss
Ich selber spiele gerne Ceride und mag es, die Manifeste zu nutzen um meinen Charakter in ein Dilemma zu bringen. Ich glaube auch, dass das Konzept erst richtig aufblüht, wenn man an seine Ecken und Kanten stösst und wenn Spieler auch im Spiel Nachteile in Kauf nehmen, um ihrer Religion treu zu sein. Ich mag es, mir Outtime Unbekannte zu Grüssen; “Er weilet unter uns”, um mich dann an der Entgegenung “Zu allen Zeiten” zu erfreuen. Es bietet mir eine gemeinsame Grundlage zum Spiel mit Anderen. Denn die Manifeste sind kein Geheimnis, das nur im Unterforum der Larpgruppe auf ihrer Gratishomepage besprochen wird. Die Manifeste sind die sich selber gegebenen Schranken im Sinne des Charakter – Kryptonits.

Nach dem Drachenfest als Ceride gehe ich jetzt ans Epic Empires: Mit meinem Teppich in die Santa-Clara-Vorstadt, um dort nach allen Regeln der Kunst ein guter Ceride zu sein.

Anhang: Kleines Manual des wahren Glaubens Weil die NL-Page und das Ceridenwiki schon lange down sind. Damit lernt man viel, wenn man sich dann auch noch einen ceridischen Priester auf Platz zutut, wirds was werden. Und zwar mit einer nicht ganz üblichen, aber dichten und atmosphärischen Spielreligion.

ConTakt 2015

Die Contakt 2015 von Andi und Jonas war als Gelegenheit angedacht, um über Larp und verwandte Themen zu diskutieren. Szene – Vernetzung und Ideenbörse inklusive. Der Beschrieb aus dem larpkalender.ch: “Die ConTakt soll eine Gelegenheit bieten über Larp und verwandte Themen zu diskutieren, neue Ideen zu präsentieren und die Szene näher zu einander zu bringen.”

Eine Woche zuvor habe ich mit Seegras und MichiR eine lockere Skyperunde betrieben, weil ich irgendwie nicht genau wusste, was wir an dieser “Contakt” eigentlich machen. Ich hatte somit einen Notizzettel mit, auf dem ich mehrere Themen notiert hatte, die aus meiner Sicht interessant sein könnten. Aber so richtig klar war mir nicht, was wir dort tun. Mittlerweile weiss ich es. Aus meiner Sicht lässt es sich folgendermassen sehen:

Was machen wir eigentlich?
oder
Das Schweizer Larp, eine Rundumblick

Einleitung, warum wir nicht nur “bisschen tratschen” sollten. Wir können es nämlich besser!

Die Geschichte des Schweizer Larp hat Seegras erläutert. Schwerpunktmässig bei “Anfänge”, “Chipheads&Tikon” und “Auffächerung”, dazu “Herausragende Spiele”. Interessant, was wir wurden und wer was schon gemacht hat. Details im Blog bei Seegras selber.

Vorstellungen von Cendara und Eburswin, ebenso die Vorstellung des TRANSIT. Gerade bei Cendara war es aufschlussreich, wie Ecce erklärte wer dahintersteckt. Die Anregung, ebendiese Entscheidungsträger auch namentlich auf der Homepage zu nennen, wurde bereits umgesetzt – Top! TRANSIT-Kopf Oli hat auch, völlig ohne Arroganz (!) gesagt: “Ich wollte ein Spiel machen, von dem man in Jahren noch redet.” Und ich sage, dass öfters solche Intentionen gebraucht werden. Leider ist das TRANSIT bis auf ein paar Fotos im Netz verschollen. Trotzdem, der Link zum larpkalender.ch – und die Fotos.

Kampf, Waffen & Rüstungen wurde einmal in der Theorie von Seegras beleuchtet, dazu hat André einen Workshop – eher ein Kurs? – gehalten, indem sowohl auf die Theorie als auch auf die eigentlichen Bewegungen mitsamt praktischer Übung Wert gelegt wurde. Auch hier hat Seegras seine Dokumente online gestellt.

Der larpkalender.ch wurde beleuchtet. Auch hier sind erste Effekte sichtbar, seit dem 8. Februar zumindest. Die Betreiber des Kalenders hätten gerne aber auch Spiele niedergeschrieben, die vor dem Start des Larpkalenders(.ch) stattfanden. Dazu kommen noch Spielereien…

Das “BigModel” wurde mehrfach erwähnt, dazu haben wir eine grafische Darstellung der “kreativen Agenden” benutzt. Dazu will ich mehr bloggen, aber ich bin noch nicht soweit, dass es klar ist. Ich ging – fälschlicherweise – davon aus, dass eine Erwähnung dieser Theorie nichts Neues ist. Dabei habe ich mich grob getäuscht, ich finde aber der Austausch darüber hat bei einigen Leuten offene Türen eingerannt. An dieser Stelle sei Jupp und Seegras gedankt, die sich damit schon auseinandergesetzt haben, so dass ich nicht die Referenz auf dem Platz war. Wer sich dafür interessiert, der findet in der Wikipedia einen Artikel dazu. Weiterführend wäre das Big-Model – Wiki.

Etwas zu kurz kam die Diskussion über “Kampagnenspiel”. Ich glaube, dass Ecthelias (Cendara-Kampagne) hier mehr als alle Anderen aus dem Meinungsaustausch gezogen hat.

Pfadiheime schränken die Weiterentwicklung des Schweizer Larps ein. Morgen Mittwoch werde ich dazu einen Ableger posten, gerade weil sich neue Entwicklungen ergeben haben. Aber die Diskussion diesbezüglich war angeregt, zielgerichtet und sehr selbstkritisch.

Fazit aus der Contakt 2015, aus meiner Sicht deckt sich das etwas mit dem Vortrag: Larp und Social Media (Jens Scholz): Das deutsche Larp kommuniziert nicht. “Deutsch” sei an dieser Stelle für die Deutschsprachigen insgesamt benutzt. Da hatten wir die Contakt2015, und nur Seegras’ und ich bloggen darüber? Da finden Spiele statt, aber niemand redet aus einem Schritt Distanz darüber, jeder palavert nur von den Erlebnissen im Spiel / seines Charakters? Da kann mehr passieren. Man soll und darf sich entwickeln ohne selber jeden stumpfen Fehler, den andere gemacht haben wiederholen zu müssen.

Ich hoffe natürlich stark auf eine Contakt 2016. Und auf regen Austausch bis dann.

Gedanken zur Opferregel

“Cendara 1 – Licht und Schatten” – “Heldengeschichten 1 – Hoffnung und Zorn” – “Cendara 3 – Die dunkle Bedrohung” – “HHHH – Das Anderswelttreffen” – “Nordwind 2”. Was haben diese Spiele gemeinsam? Sie waren alle mit der Opferregel ausgeschrieben. Doch am Cendara 3 hatte ich eine merkwürdige Diskussion mit einem anderen NSC über genau diese Regelung, die mich ein Stück weit zum Nachdenken angeregt hat. “DKWDDK mit Opferregel” ist so salonfähig, dass es offensichtlich jeder einfach als Marke auf sein Spiel schreibt, ohne das sich Spieler damit auseinandersetzen.

Doch was heisst es eigentlich? Am ehesten verbindlich – aber keinesfalls absolut – ist die Definition aus dem Larpwiki:

Im engeren Sinne einfach die Regel, daß der Spieler selbst entscheiden darf, ob, wann und wie sein Charakter stirbt.

Im erweitereten Sinne eine Regelphilosophie, die vor allem in punktelosen Regelwerken Anwendung findet.
(…)

Ich nutze jetzt gleich die Situation vom Wochenende. Wenn ich mich recht entsinne, ging es darum, dass es jemand schade fand, dass ein Schnitt über die Kehle nicht durch den Tod des Charakters ausgespielt wird. Naja, lange Wartezeit lag schon hinter mir, und so habe ich direkt gekontert: “Solange das Spiel mit der Opferregel ausgeschrieben ist, entscheidet das der angegriffene Spieler.” Daraus entstand eine kurze Diskussion, im Laufe derer sich herauskristallisierte, dass die Erstaussage – dass es Schade sei – von einem kam, der vorrangig einen Assassinen als Charakter bespielt – der das nunmal im Kampf so handhabt. Bis jemand von der Seite einwarf: “Dein Charakterkonzept ist scheisse!”. Was ich übrigens auch fand, aber ab und an kann ich auch höflich sein und so etwas nicht sagen. Leider ist (Glücklicherweise?) die Diskussion daraufhin versandet. Aber bei mir blieben einige Gedanken hängen – warum war der Spieler da, und warum war ich am selben Anlass. Wie kommt es zu der Situation?

Ich bin der Überzeugung, dass jemand der Assassine/Meuchler als Charakter wählt, irgendwie das “Miteinander” des Liverollenspiels nicht verstanden hat. Und eigentlich glaube ich auch, dass eine Orga sich über solche Spieler Gedanken macht, und es somit gewünscht war, dass ebenso ein Charakter anwesend ist. Aber in dem Fall sollten sich – Opferregel vorrausgesetzt – Orga und entsprechende (Assassinen-)Spieler bewusst sein, auf was sie sich einlassen. Denn Opferregel erfordert auch Verantwortung des Handelnden. Ich halte es für bescheuert, wenn jemand Mitspieler in eine Situation bringt, in der eine verquer aufgefasstes “Das ist aber nur konsequentes Spiel” oder ein “Alles andere war (für meinen Charakter) unlogisch” sein Gegenüber zu etwas zwingt. Ob das den Samstag über krank zu spielen, abgestochen werden, oder auch nur fadenscheinig gerettet werden bedeutet.  Wer sich also an einem Spiel mit der Opferregel begibt, ist in der Verpflichtung, auch selber verantwortungsbewusst zu spielen. Deshalb auch an Organisatoren: Wenn ihr Opferregel draufschreibt, dann kann vieles drin sein. Damit Opferregel drin ist, braucht es etwas mehr.

Und wer Assassine spielt, ist selber schuld. 😉

Reenlarpment – Ein bessere Lösung?

Einige Gedanken und Reflexionen zum Thema Reenlarpment.

Reenlarpment, ein Kunstwort aus “Reenactment” und “LARP”. In grossem Engagement kann man mit diesem Schlagwort eine Zielgruppe ansprechen, die meiner Meinung nach grösser wahrgenommen wird als sie wirklich ist. Es braucht eine gewisse Begeisterung für die im Spiel geplante “Zeit” und fordert viel von seinen Spielern. Denn auch ich selber, (einer historisch akkuraten Tasche aus einem Konstanzer Fund nicht abgeneigt) nehme mir viel zu gerne die Freiheit, ebensolche Taschen mit einer Pluderhose aus meiner Fantasie zu kombinieren.

Damit beim ersten Punkt: Reenlarpment ist eine Einschränkung. Der Hintergrund verbietet mir gewisse Dinge, auf die zu verzichten ich bereit sein muss. Nicht jedem passt das, denn es verlagert die verlangten Interessen. Anstelle eines “gefällt/gefällt nicht” und eines subjektiven “passt/passt nicht” definieren Vorlagen was ich anziehe/mitnehme. Und wenn mir ein Mühlradkragen oder eine Schamlatzhose noch so missfallen, sie gehören für die passende Erscheinung einfach dazu – wie der Magier eine Robe und der Ritter ein Schwert, so trägt der Reenlarper sein zeitgemässes Equipment .

Zum zweiten Punkt: Reenlarpment ist die Kunst, Brotbacken als Abenteuer zu erleben. Durch den Ersatz der fantasiegeborenen Spielwelt durch eine vergangenen Zeit verändert sich auch der Horizont im Spiel. Wo vorher durchaus Faune, Elfen und auch mal der Einsatz von Magie oder einige Mitternachtsgeister für den nötigen Touch “Exotik” und “Abenteuer” sorgen, muss dies im Reenlarpment durch zeitlich Passendes ersetzt werden. Simple Tätigkeiten die wenig mit “Abenteuer” zu tun haben, müssen als solches wahrgenommen werden können. Brotbacken, Kugelgiessen, Exerzieren. Lombardische Landsknechtssuppe kochen. Die Wäsche der Hausbesitzerin, die noch herzustellende Marmelade. Es braucht für ein als “intensiv wahrgenommenes Szenario” viel mehr niedere Tätigkeiten, weil sie die Grundlagen der dargestellten Welt bilden.

Dritter Punkt:  Niemals vergessen, das auch Reenlarpment ein Spiel sein will. Es braucht mehr als nur wunderschön passend ausgerüstete Spieler. Mehr als nur eine optisch wunderbare Lokalität. Es braucht für das Spiel passende Regeln, Mechanismen oder Richtlinien, wenn hartgesottene Reenactors und aufgerüstete und aufgemotzte Conquest-of-Mythodea-Besucher zusammentreffen. Denn ein Reenlarpment-Spiel soll nicht eine Burgbelebung mit Charakternamen sein. Und auch nicht nur ein Liverollenspiel mit hohen Ansprüchen. Es soll im gewünschten Zeitrahmen eine spielerische Komponente beinhalten, die sich als Plot verstehen kann.

Einige  Beispiele:

Waffen: Im Vergleich zum Fantasylarp kann Reenlarpment mit “Feuerwaffen” als Standardwaffen gewählt sein. Frühzeitig muss klar sein, welche gewünscht sind, wie sie bespielt werden, und wer/wie/wann getroffen werden kann.  Sind Degen und Florette dem Szenario angerechnet – darf gestochen werden, wenn ja, mit was.

Verletzungen: Ist das übliche, generische und weitverbreitete Ausspielen gewünscht – Opferregel voraussgesetzt – und man überlebt alles, und heilt innert einiger Stunden? Oder ist da mehr Konsequenz gefordert, und eine Wunde verbleibt bis Ende Spiel?

Gesellschaft im Spiel: Wie geht man damit um, dass einige Unverbesserliche trotzdem über die Stränge schlagen? (Nottaufe für eine spontane Heirat – einfache Kolonisten besser bewaffnet als das Militär – Demokratie-und-persönliche-Freiheit-Verfechter… tbc) Oder ist so etwas – des entstehendend Spieles willen – okay?

 

Alles in allem, nur so mehr/minder spontan zusammengefasste Gedanken. Vielleicht organisiere ich ja selber mal Reenlarpment und mache alles ganz anders.